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Andreas Steffens
Gerade genug
Essays und Miniaturen.
Einband nach einer Malerei von Shahin Damizadeh
Paperback, Format 135 x 215 mm,
192 S.; 2010; EUR 16,80;
ISBN: 978-3-935421-46-1

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In seinen Essays und Miniaturen erprobt Steffens einige Motive seiner Rekonstruktion der Anthropologie im Medium der Literatur.
Zum Bedenken der ›großen Fragen‹ braucht es außer Mut zur Selbstüberforderung vor allem Sinn für das Geringfügige. Mögliche Antworten liegen in der Aufmerksamkeit für das Beiläufige geborgen. Das macht die auch geisteswissenschaftlich geübte betriebsame Unterscheidung nach ›Haupt- und Nebensachen‹ eines Autors hinfällig. Für einen, der eine hat, gibt es nur verschiedene Weisen und Wege, sich ihrer anzunehmen und sie zur Sprache zu bringen. (aus dem Vorwort)
Inhalt:
Essays: Hinter Vorhängen oder Von der Wahrheit . Vom Gesicht . Gerade genug oder Was wollen wir wissen? . Es sich sagen lassen . In der Fremde . Das Versprechen des Kindes . Werkzeuge für die Werkstatt des Lebens: Schärfung einer Daseinsmetapher . Nietzsche oder Die Sehnsucht nach einem anderen Menschen . Politik als plastische Chirurgie . Splitter im Auge: Wiederkehr des Wirklichen in den Bildern . Selbstbildung . Miniaturen
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Vorweg

Je größer die Fragen, desto bedenklicher wird es, sie zu bedenken. Sie beschämen das Denken, indem sie es dem Scheitern an jener Banalität aussetzen, deren verstörende Erfahrung es doch in Gang setzt: hinter dem, was so, wie es ist, doch nicht alles sein könne, einen Sinn zu entdecken, der es erträglich werden lässt.
Diesem Scheitern zu entgehen, braucht es außer Mut zur Selbstüberforderung vor allem Sinn für das Geringfügige. Mögliche Antworten liegen in der Aufmerksamkeit für das Beiläufige geborgen. Das macht die auch geisteswissenschaftlich geübte betriebsame Unterscheidung nach ›Haupt- und Nebensachen‹ eines Autors hinfällig. Für einen, der eine hat, gibt es nur verschiedene Wege, sich seiner Sache anzunehmen, und sie zur Sprache zu bringen.
Das zur Sprache Gebrachte ist das dem Leben als seine Wirklichkeit Zugeeignete.
Wer im Leben das Sagen hat, braucht nur wenig zu sprechen; wer die Worte sucht, die das Leben wirklich machen, muss alles aussprechen. Dabei hat er sich vor dem Bereden zu hüten. Der Schriftsteller, der nicht nur beschreiben will, was er in Erfahrung bringt, sondern auch verstehen, gerät in die Philosophie; der Philosoph, der nicht nur aussagen will, was er denkt, sondern den Gedanken auch zur Sprache bringen, die seine Einsicht verstehen lässt, in die Literatur.
Der Gedanke bedarf der Sprache, die ihn dem Leben einfügt, aus dessen Erfahrung er stammt. Nicht irgendeiner – : der Sprache des bewussten Lebens, in die er zu übertragen ist, sobald er in der Sprache des Denkens erfasst wurde.
Diese Übersetzung macht den Philosophen zum Schriftsteller: die Anverwandlung der Erkenntnis aus Begriffen für ein Leben aus bedachter Einsicht.
Die Schnittfläche ist nicht der schriftstellernde Philosoph, auch nicht der philosophierende Schriftsteller: es ist die Sprache der Erfahrung. An deren Bildung arbeiten beide. Für sie gibt es nicht ein einziges Genre, sondern ein unbegrenztes, sich mit jeder Überlegung neu ausrichtendes Feld der Bedeutungsbildungen. Deren Verfahrensform, die keine Gattung ist, ist der Essay: die Unform einer stetig neu ansetzenden Formprägung gedachter Erfahrung in Sprache.
Die wohl größte aller philosophischen Selbstüberforderungen liegt im Anspruch des Begriffs der Wahrheit. Ihn zu bedenken, sollte nicht beabsichtigen, ihn zu definieren, sondern sich dieses Anspruchs zu vergewissern. Er lauert hinter allen Verbindlichkeiten, die die einen für die anderen setzen, vom pragmatischen Gebot der Lebensführung bis zur Verwerfung eines Lebenswertes. Die Selbstgewissheit des Urteils über Existenzwert und –unwert steht am Anfang aller Ereignisse, die unser Verständnis von Geschichte, und das Entsetzen ihrer Erfahrung bestimmen. Von ihm geht eine ständig sich erneuernde Nötigung aus, das Dasein derer zu bedenken, die ihre Erfahrung machen. Rückhalt und Antrieb des Nachdenkens ist seit dem Bruch, der sich in der Geschichte des 20. Jahrhunderts vollzog, die alle Einsichten und sicheren Überzeugungen menschlichen Selbstverstehens außer Kraft setzte, Anthropologie: die Selbstbefragung menschlicher Selbstgewissheit.
Nach dem Ende des Humanismus die Lage des Menschen zu bedenken, erfordert indirekte Zugänge, da mit seinem überkommenen Verständnis auch »der Mensch« als Objekt der Erkenntnis verschwand. Nun bedarf es indirekter Zugänge, eines Spurenlesens im Unvermuteten, wie einer Novelle Balzacs, an der das Fortwirken der Anthropolitik als einer Politik am Menschen hervortritt.
Der Anthropologe hat sich nun umzutun in den Unwahrscheinlichkeiten und Unscheinbarkeiten alles dessen, was seine Geschichte dem Menschen aufzwang, der sie sich antat. Das führt auf verloren gewesenen Spürsinn wie den der Physiognomie zurück, die es darauf anlegte, die Wahrheit eines Menschen aus seinem Gesicht und seinen Händen abzulesen. Wenn wir wissen wollen, was wir wissen wollen, so werden wir es mit dem Verborgenen zu tun bekommen; Verborgenem, wie es jedermann ins Gesicht geschrieben steht. Es sind die offenen Geheimnisse seiner Geschichte, die der Anthropologe als Archäologe des Menschen ausspricht.
Aber wollen wir auch wissen, was wir wissen müssten, um uns kennen zu können? Die wesentlichen Einsichten werden nicht erarbeitet; mit der Aufmerksamkeit des Unwillkürlichen muss man sie sich zusprechen lassen aus den Zeugnissen manifestierter Erfahrung, wie sie die literarischen und die bildnerischen Künste darbieten.
In der europäischen Kultur sind sie durchdrungen von der Drohung der Fremde als Urerfahrung des Menschseins. Kontrapunktiert wird sie vom Versprechen des Kindes, dass anderes Leben möglich wird, wann immer ein neues entsteht. Von der Arbeit an der Erkenntnis des Menschen ging das 20. Jahrhundert, dessen Ende noch nicht eingetreten ist, über zu einer Arbeit am Menschen. Nietzsches Sehnsucht nach einem anderen Menschen wurde zur erlogenen Pseudolegitimation einer Abschaffung des Menschen in den Anstrengungen seiner endgültigen, einförmigen Erzwingung als Objekt politischer Anthropopoiesis. Deren schleichende Wiederkehr unter dem Mantel der Neutralität reiner wissenschaftlicher Forschung macht ihn zu einem der Klassiker des 21. Jahrhunderts, so wie Balzac und E.T.A. Hoffmann zu Klassikern der literarischen Vorgeschichte des ›Neuen Menschen‹ wurden.
Zur anthropopoietischen Wiederaufrüstung gehören als wesentliche Werkzeuge ihrer Implantierung ins kollektive Unbewusste die Medien der Virtualität. Im Universum medialer Technik erhält das Bild neue, unabsehbare Bedeutung. Es wird zur Vorwegnahme einer künftigen Wirklichkeit, so, wie es einmal die Aufbewahrung einer vergangenen gewesen ist. Das Virtuelle ist nicht das Unwirkliche; es ist die Vorhersicht einer anderen Wirklichkeit.
Wie der Essay nicht die Gestalt eines unsicheren, sondern des offenen Denkens ist, das sich zu seinem Gegenstand in Beziehung setzt, indem es dessen Beziehungen nachzeichnet, so gibt die Miniatur nicht das Große klein, sondern zeigt am Beiläufigen die Wirklichkeit des Bedeutenden.
Die den Essays angefügten Miniaturen sind Etüden zur Erprobung einer Aufmerksamkeit, die im Unscheinbaren Facetten des Wesentlichen aufspürt.






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Literarische Texte und Texte zur Literatur


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Die Malerin:
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