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Andreas Steffens
Vorübergehend.
Miniaturen zur Weltaufmerksamkeit.
Einband nach einer Malerei von Annette Lucks
Paperback, Format 135 x 215 mm,
120 S.; 2010; EUR 12,00;
ISBN: 978-3-935421-54-6

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Es war der Denkfehler der vorigen Generation, zu meinen, man müsse sich darum bemühen, die Wissenschaften zu verstehen, um dann die Welt, die von ihnen geprägt ist, verstehen zu können. So wollte jeder sein eigener Gott der Wissenschaften werden: sich den Grund der Welt in der Art ihres Wissens, ihres Gewußtseins aneignen.

Die Prosa der Philosophie ist nüchtern. Dass es auch eine philosophische Prosa gibt, die poetisch und einsichtsvoll ist, belegen Andreas Steffens Miniaturen. Den kurzen Moment zwischen Auftauchen und Verschwinden eines Gedankens aus einer Wahrnehmung festhaltend, in dem man aufmerken muss, um etwas bemerken zu können, lassen ihre Denkbilder Bedeutungen aus alltäglich Unscheinbarem hervortreten.
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Vorweg

Auch eine Medienwissenschaft
Die Welt ist das Medium, worin wir leben, schrieb Sören Kierkegaard am 2. August 1847 in sein Tagebuch. Ein schöner Satz, wie man ihn gerne zitiert, für Vorworte wie gemacht – und mit der ganzen Schönheit philosophischer Sätze belastet, denen man ihre Wahrheit als unmittelbar einleuchtend sofort zuzugeben bereit ist.
Solche Schönheit aber ist auch ein anderes Wort für Belanglosigkeit.
Philosophie beginnt, wenn derartige Wahrheiten, die mit der Stumpfheit des unmittelbar Einsichtigen geschlagen sind, ernst genommen werden: was bedeutet es, daß es sich so verhält, wenn es so sein sollte ?
Wollen wir wissen, was unser Leben ausmacht – und daß wir dies wirklich wollen, ist selbst gar nicht sicher –, so müssen wir, das besagt Kierkegaards Satz zunächst, die Welt kennenlernen wollen. Aber wir müssen sie schon kennengelernt haben, um auf die Frage überhaupt zu kommen, was unser Leben denn sei. Denn diese Frage stellen zu können, heißt nichts anderes, als in der Erfahrung der Welt bemerkt zu haben, daß es mit dem Leben in ihr nicht ganz stimmt. Mindestens das. Und dazu bedarf es noch gar keiner philosophisch aufwendig ausgerüsteter ›kritischer Einstellung‹. Das sich unablässig ereignende Spiel zwischen unseren Wünschen und den Begebenheiten unseres Lebens sorgt dafür schon ausreichend. Aber eben noch nicht hinlänglich, um daraus Einsichten werden zu lassen, die in dieses Spiel mit Aussicht auf Wirkung eingreifen könnten. Man wird also, folgt man Kierkegaards Hinweis weiter, die Erfahrungen des Lebens, und nicht nur die des eigenen, beschreiben müssen, um die Welt zu verstehen, die sie uns zu machen aufgibt.
Trivialitäten, gewiß. Aber seit die Wissenschaften sich ins Selbst­läufertum der Techniken hinein nahezu aufgelöst haben, an Erkenntnissen also nicht länger wirklich interessiert sind, hat ihr Hochmut, auch eine Wissenschaft sein zu wollen, die Philosophie zu strafen begonnen, indem ihr nun nur noch übrigbleibt, zu erproben, wie weit es mit dem her ist und was es mit dem auf sich hat, was ›man‹ als Angehöriger der wissenschaftlich-technischen Zivilisation ›weiß‹, da sie selbst nicht mehr über die Mittel verfügt, Erkenntnisse zu gewinnen, weil sie außerhalb der Wirklichkeitsgeneratoren dieser Zivilisation steht. Ein seltener Fall, in dem ihr gerade das umgekehrte Verhalten dazu hätte verhelfen können, ihren höchsten Anspruch auf kulturelle Bedeutung einzulösen, sich der von den Wissenschaften an sie gerichteten Demutserwartung zu unterwerfen. Daß dies ausblieb, spricht nicht sehr für die Solidität ihrer Erfindung der Dialektik.
Weltaufmerksamkeit ist es, um den Kierkegaardschen Leitfaden noch einmal aufzugreifen, was auf die Spuren zu einem Selbst-Verstehen des gelebten Lebens führt, das seine Erfahrungen bedenkt, um dem, was es ist, auf die Schliche zu kommen.
Ihre wichtigste Quelle ist ein gelassenes Vertrauen in die Sinnenfälligkeit. Aufmerksamkeit entsteht, sobald man zuläßt, daß sich etwas in einem bemerkbar mache, sich in einem etwas ereigne, dessen vollkommen unwillkürliches Erscheinen man gewähren läßt, ohne Vorbedacht, ohne Absicht, ohne perspektivische Ausrichtung.
Es war während eines gemeinsamen Besuchs im Folkwang-Museum, als Ulrich Sonnemann vor einem Gemälde Max Beckmanns innehielt und mich mit dem ruhig-unerschütterlichen Urteil überraschte: Beckmann ist der größte Maler des Jahrhunderts. Auf meine verwunderte Nachfrage, warum er dies finde, wie er dies begründe, antwortete er nun seinerseits erstaunt: Wieso warum? Das sieht man. Die Art, in der er dieses Thema damit abschloß, hatte zur Folge, daß ich bis heute nicht aufhören konnte, darüber nachzudenken, worin genau die Offensichtlichkeit der Beckmannschen Größe besteht, die sie so unbezweifelbar macht.
Man sieht sie, nicht weil man sie in seinen Bildern suchen würde; man bekommt sie zu sehen, wenn man seine Bilder solange aufmerksam betrachtet, daß sie mit einem Mal sehen lassen, was sie sind. Mit dem bloßen Ansehen, wie es alle ausgestellten Bilder immer über sich ergehen lassen müssen, hat das nichts zu tun. Ist man in ihr nur geduldig genug, läßt die Aufmerksamkeit einen plötzlich sehen, was dem Auge gar nicht dargeboten ist, aber in dem erscheint, was es zu sehen bekommt. Dann geschieht eine Entrückung vom Gesehenen hin zum Sichtbaren.
So heißt aufmerksam sein, dem Unscheinbaren zutrauen, Bedeutung bergen oder tragen zu können. Aufmerksam wird man, indem man sich anhält, das Unscheinbare nicht zu übersehen.
Denn ihre wichtigste Bedingung ist die Unwillkürlichkeit ihrer Bewährung. Sie stellt sich nur bei dem ein, dessen aufnehmendes Gemüt sich in einem Zustand der Entspannung befindet. Sie ist vor allem anderen Aufnahmebereitschaft. Jedem Ehrgeiz fremd, der sie so gerne mit witternder Berechnung, mit kalkulierender Vorteilssuche verwechselt, ist die Aufmerksamkeit eine Kunst des Neugierigseins, welches selbst nichts anderes ist als die Offenheit für das Mögliche, das sich an Orten und in Momenten einstellen mag, die sich nicht herbeiführen lassen, der Willkür nicht unterliegen.






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Cover ( 3.9 mb, pdf)




Die Malerin:
Annette Lucks

1952 in Regensburg geboren, Studium an der Akademie der Bildenden Künste in München.
Annette Lucks lebt in München
www.annette-lucks.de



Info:

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Autorenfoto Andreas Steffens

Foto: Zbigniew Pluszynski


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