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Kleinhubbert-cover-Geheime-Ordnung

Christoph Kleinhubbert
Die geheime Ordnung der Welt

Hardcover. Fadenheftung
128 S., Euro 17,00
ISBN: 978-3-943940-31-2



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Tricks, Lügen und scheinbare Wahrheiten.

Vom Diffusen, Träumerischen bis hin zu einem Alptraum, von der Wahrheit unter der Wahrheit, der Wirklichkeit unter der Wirklichkeit, vom Instinkt unterhalb von Gefühlen bis zum Kern der Dinge:
»Die geheime Ordnung der Welt« gibt eine Ordnung vor, alles ist im Kreis, eine sich selbst erfüllende Prophezeiung, ein Perpetuum Mobile, eine gerade und ungerade Zahl in einem. Dass etwas sehr Bedeutsames offenbart wird, verbirgt sich hinter Tricks, Lügen und scheinbaren Wahrheiten; das ist Teil der ästhetischen Ordnung des Buches. Hier schaut einer genau hin, geht den Dingen auf den Grund, gibt dem Leser Einblick ins Verborgene. Das will so gar nicht in die heutige Zeit passen, doch diese Zeitlosigkeit macht das Buch geradezu unentbehrlich.
Anton D. Gmeiner
LittraRa, Berlin, 2017




Ausführliche Leseprobe (pdf-Datei)






Leseprobe


Beten

In sehr schlechten Zeiten ist der Mensch fähig ein Gebet zu sprechen, dann reckt er Hände und Kopf in den Himmel, spricht sein Bitten und Flehen aus, sucht Kontakt, gibt sich rituell einem Wesen zugewandt, das kein Auge je gesehen und kein Ohr je gehört hat. In guten Zeiten denkt der Mensch nicht ans Beten, da will er leben.

Von allen Lebewesen betet nur der Mensch. Der Mensch bittet für sich im Gebet, soll er für andere beten, fehlt ihm der Glaube. Für die schlechten Zeiten hat der Mensch sich Gebetshäuser gebaut. Die Steine dafür sind mit Blut bezahlt.

Butterdose

Spricht man das Wort »Butterdose« langsam und betont in einen stillen Raum, löst es eine Reflektion darüber aus, wie die Aufbewahrung des fettreichen Aufstrichs in ihr vor sich geht. Fehlt es an der Butter in ihrem bewahrenden Bauch, ist eine Butterdose nichts wert. In zweckunerfüllter Existenz bleibt sie eine gewöhnliche Dose. Eine Dose von vielleicht metallener Beschaffenheit. Man hat aber auch von Kunststoffdosen gehört, die dem Vernehmen nach geschmacksneutraler beherbergen sollen. Erst durch die Butter in der Dose wird eine Dose zur Butterdose. Das ist eins ihrer Rätsel.

Ein Stück Butter, das in ihr seine haltbarkeitsbegrenzte Zuflucht gefunden hat, verändert seine äußere Erscheinung in Abhängigkeit zu der sie umgebenden Temperatur. In eisiger Kälte wird Butter zu flitschigem Stein. In reichlicher Wärme wird sie weich, schmilzt dahin, wie unter dem Eindruck großer Sehnsucht. Von derartigen VerwandlungsVorgängen in ihrem Inneren ahnt und weiß die Butterdose nichts.

Für Gotthilf Rivinius, ausgewiesener Experte auf diesem Gebiet, ist dies ein sehr lehrreiches Beispiel für das Scheitern jeder einseitig betriebenen Kommunikation. Er spricht sogar von der »Dummheit der Dose«.


Engel

Menschen sehen Engel als Wesen aus Licht, die sich in Schatten manifestieren, feinstoffliche Geistwesen. Engel folgen eigenen Gesetzen, geben sie sich jemandem zu erkennen, dann nur aus freien Stücken. Auch in größter Not, ist es nicht möglich, jemand anderem einen Engel zu schicken.

Da ist ein kleines Mädchen, es liegt lange schon in Fieberträume gefangen, es fühlt einen schweren, düsteren Schatten, der sie in eine Bodenlosigkeit zieht, an einen Ort, der tief verborgenen in ihr selbst liegt. Dieser Ort, der ein Aufbewahrungsort ihrer Seele ist, kann nicht mit Worten erreicht werden. Es ist ein diffuser, wie in Nebelschwaden schwimmender Ort, irgendwo in ihr, nicht bestimmbar, nicht lokalisierbar, nicht auffindbar. Selbst schärfste Schnitte durch Haut und Fleisch legen ihn nicht frei.

Hält ein dunkler Engel einen im Fieber umschlungen, giert es ihn nach dem inneren Funkeln. Ein dunkler Engel kann nur von einem weißen Engel besiegt und vertrieben werden. Tritt ein weißer Engel schützend an ein Krankenbett, kann seine Aura Fleisch und Seele heilen. Der Schutz eines weißen Engels wirkt zeitlebenslang. Das Licht eines Engels verliert sich immer bei Tag im Sonnenschein.


Entkommen

Ein Mann führt einen Hund aus. Der Hund schüttelt die ihn würgende Schlinge ab. Mit zwei schnellen Sprüngen ist der Hund vom Bild. Der noch angeleinte Mann läuft ohne Hund schneller, er ruft laut einen männlichen Namen, schaut immer wieder von rechts nach links. Sein Rufen stellt er dabei nicht ein. Über ihm wechselt das trübe Drücken des schiefergrauen Himmels in die Herbsttöne von Sumpfland. Wenns jetzt regnen sollte, dann Wasser mit Öl, mit Schlangen und Fröschen, auf jeden Fall auch mit Alligatoren.

Ruft ein Berg nach Fisch, verlassen Lachse die Meere, springen an seinen schartigen, scharfen Flanken und Graten hoch, setzen über Buchten und Bäche, springen über Zäune und Gatter, flitschen Gletscherzungen entlang, arbeiten sich stetig bergan, als hätten sie mit einem Mal Flügel. Sie fliegen beinahe den auf sie wartenden BergBären entgegen und sterben dort, in Stücke gerissen von Krallen und Fängen.

Lachse entkommen dem Meer, aber den Bären entkommen sie nicht.


Fenster

Das eigene Stück Garten am Haus. Wieder und wieder, nicht ermüdend, klettert ein kleines Kind auf eine rot-blau-gelb-grüne Plastikrutsche. Ist es oben angekommen, rutscht es sofort nach unten. Dabei gibt das kleine Kind freudige Töne von sich. Es ist glücklich. Wiederholt ruft es nach einer Person, die es Oma nennt. Die so gerufene Frau steht neben dem Vater des kleinen, immer wieder rutschenden, Kindes. Die MutterMutter hört sich Ausführungen zu frisch beschnittenen Sträuchern, Bäumen und Büschen an. An die Seite gestellte SonnenStühle. Aber dieses Jahr nicht mehr, eher nächstes. Weiterentwicklung. Reserven. Planung. Aus dem Haus ruft die Mutter des Kindes nach ihrem Mann. Er soll ihr, bei einer für sie allein nicht zu bewältigenden Verrichtung, zur Hand gehen. Der darüber stehende Himmel bewahrt auch diese Geschichte gut in seinem Gedächtnis auf.

Von einem anderen Ort aus bleiben die Stimmen ohne Bilder. Ein anderes Kind, aus einer anderen GartenGegend, schreit laut den Namen, des noch mit Rutschen befassten Kindes. Da es keine Aufmerksamkeit oder Antwort kriegt, schreit und kreischt es den Namen unablässig bis zur Heiserkeit. Ich schließe bald das Fenster über diesen Ländern. Die Stimmen und Bilder und Menschen in diesen Gärten sind jetzt für sich alleine.

Ein anderes Fenster zeigt hinaus auf einen anderen Ort. In einem modernen Rollstuhl sitzt ein Kriegsversehrter vor seinem Haus. Hier sind seine Erinnerungen verwahrt. Schläfrig wachen seine Augen über den Verkehr. Vielleicht zählt er vorbeifahrende Autos? Fabrikate? Farben? Niemand, der ihm winkt, oder für, oder wegen ihm hält.

Diese Woche steht der Jackpot bei dreiundvierzig Millionen. Es wird ein Hochdruckgebiet angekündigt. Terrormilizen ziehen mordend durch Kriegsländer.

Fenster öffnen und schließen die Welt.


Flora

Eine eierlegende Kleinschweinrasse, hier die Knollensau (Systema Naturae, Oktavseite 779, Erstausgabe 1735) schleicht durch die Elbnacht wie ein Dieb. Ihr reichhaltiger Fleischatem ist es schließlich, der sie geradewegs verrät. Sie wird überführt.

Aus einem BienenBau (hier im Bild nicht sichtbar) dringen vehement TrompetenTöne. Sie sind der Länge nach geordnet. Eine Kuckuckspolka auf Weltkriegsgräbern stößt auf Kritik. An warmen Tagen bilden sich oft Schlangen vor Eisdielen.

Schlachtwarme Hähnchen nehmen begierig Wasser auf. Im Paarungskampf halten Hirschkäfer den Kopf gesenkt. Schnell verkanten sich ihre Geweihe. Bei aufziehendem Unwetter verändert sich ihr Geschlecht.

Rousseau, ein Charmeur aus Wolkenheim, fliegt mit aufgestelltem SchwalbenSchwanz zum Tanz. Der dafür gerupfte Vogel hasst ihn sehr. Von heute zweihundertneunundsiebzig Jahre hinterher.

Es heißt im Süden habe sich ein Blütenmeer entgegen eindeutiger Weisung nicht geteilt.


FunkenFlug

Das Großwachsen und Aufstreben beginnt bereits in absoluter Finsternis. Mit noch verklebten Augen und abgeschalteter Atmung, liegt man zusammengerollt in einem Bauch. Hier trifft man einen kleinen Lichtfunken, der das Leben auslöst und die Geburt beginnt. Bürokratie und Ordnung setzen ein, eine Urkunde wird produziert.

Springt der Lichtfunke wieder von einem ab, stirbt man und fällt zurück in absolute Finsternis. Bürokratie und Ordnung setzen ein, eine Urkunde wird produziert.

In Träumen sieht man häufig menschliche Körper, die mit dem Fluss ins offene Meer hinaus treiben. Sie tragen Lichter auf Kopf und Brust. Die Daseinswelt füllt die entstandene Leere mit Erinnerungen, die untereinander ausgetauscht werden. Herz und Seele werden erleichtert, es wird umgeschichtet, zurück gekrempelt und kräftig aufgeräumt. Das Weiterleben ist nur mit aushaltbaren Erinnerungen möglich.


Gruppenbild

Die Personen, die sich hier zu einer Gruppe eingefunden haben, schauen auf einen Mann, der jetzt vor sie getreten ist. Der Mann spricht Anweisungen aus, denen er mit Gesten seiner Arme und Hände Gewicht verleiht. Den Anweisungen wird Folge geleistet; die Anwesenden stellen sich, der Größe nach aufsteigend, zu einem quadratischen Block auf. Die erste Reihe sitzt auf herbeigeschafften Stühlen. Jeweils eine ältere Person steht an den Seiten, rechts und links, der in Form gebrachten Gruppe.

Ein dreibeiniges Stativ trägt eine Kamera. Sie wird wiederholt an unterschiedlichen Stellen vor die Gruppe gestellt. Leicht nach vorn gebeugt schaut der Mann durch ein kleines gläsernes Auge in die Kamera. Auf ein weiteres Zeichen seiner rechten Hand (sehr spontan) versteifen sich Körper. Alle erhalten ein neues Gesicht.

Der als Bild festgehaltene Moment ermöglicht später einen Blick auf das wahre Wesen der Zeit.


Kniefall

Exakt ausbalanciertes Hinstellen des Körpers auf das rechte Knie und das darunter gestellte Schienbein ist eine echte Kunst. Dabei wird das linke Bein so angewinkelt aufgestellt, dass darauf ein Ablegen des Oberkörpers in vorgebeugter Haltung möglich ist. Dann folgt leises Sprechen ruhiger Sätze. Fast ein Murmeln. Nicht genau verständlich, aber ahnbar. Die Stille ringsherum nimmt die Worte auf. Was ist der Antrieb zu dieser Übung?

Einer sagt: Die Politik der kleinen Schritte führe ins Nirgendwo. Die zur Scheibe zurückgewünschte Welt rotiert ums Leuchten. Im Namen eines gerecht genannten Gottes, der immer öfter angeführt wird, erhalten Schwache Brechstangenschläge. Ein Gericht sitzt zu Tisch.

Mit Kniefall ausgelegte Beileidskränze machen nach Hinten nichts wieder gut, sie verändern die Welt nach Vorne raus.


Koffer

KofferKammern wie diese hier, sind ein Ort des Wartens, sie wurden für diesen Zweck errichtet. Bebend liegen sie in Regalen, neugierig und immer aufm Sprung. Von hier aus kann die ferne Welt schneller erobert werden. Vollgepackt mit Erwartungen ziehen Koffer an ihren Trägern. Kommen sie zurück, wollen sie erzählen.

Große und starke Exemplare haben im Laufe der Jahre eine doppelt umlaufende Alukante entwickelt. Zudem ist ihre Brust – und Bauchpanzerung ausgeprägter. Dies schützt jedoch nicht vor Stürzen aus großer Höhe oder vor den Auswirkungen starker Explosionen.

Sie überwintern gerne gemeinsam in großen Populationen. Vor dem monatelangen Schlaf haben sie Fett und Stärke gespeichert.










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Info:
Christoph Kleinhubbert, geb. 1962, lebt und arbeitet im Emscherdelta.


Zuletzt erschien von ihm im NordPark Verlag der Gedichtband
»alles auf einmal«.

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